Ausgabe 1, Band 8 – April 2016
Judith Shklars kritische Perspektive auf Hannah Arendt
I.
Unterhalb des letzten Übels bleibe gewissermaßen nichts Übles mehr übrig und der Katalog des Verdammenswerten würde durch seine Absolutheit alle Relation, alle Angemessenheit und damit schließlich alle Legitimation verlieren.
II.
All diese Konfrontationen haben ihren Ursprung in der ersten Begegnung von Arendt und Shklar, persönlich wie intellektuell, die ganz unter dem Zeichen der Totalitarismustheorie stand. Shklar lernte Arendt in den Harvard-Seminaren kennen, die in den Fünfzigerjahren von Carl Joachim Friedrich geleitet wurden, einem in der Zwischenkriegszeit in die USA ausgewanderten deutschstämmigen Politikwissenschaftler. Friedrich war von 1951 bis 1955 Shklars Doktorvater in Harvard und, nachdem sie dort zu lehren begonnen hatte, ihr Vorgesetzter am department of government. Im Kontext des ›Totalitarismus‹ als einem von Friedrich favorisierten Erklärungsansatz war, wie vor ihr Franz Neumann und Arnold Brecht, dann im Dezember 1951 auch Hannah Arendt, sofort nach Erscheinen ihrer Origins of Totalitarianism, im Colloquium zu Gast. Beim anschließenden Dinner konnten sich Studenten und Lehrer austauschen. Friedrich und Arendt einte wohl eine gewisse Komplizenschaft gegen links und rechts, und Arendt reiste noch mehrere Male in seine Harvard-Seminare, unter anderem um 1953 an einer Totalitarismus-Konferenz teilzunehmen, die Friedrich veranstaltete (ebenfalls anwesend: Isaiah Berlin). Es ist fast sicher, dass Shklar dabei immer zugegen war.
III.
Die äußere Welt vernichtet das einzigartige Individuum. Die Gesellschaft bringt uns um unser Selbst. Das gesamte soziale Universum ist heute totalitär, nicht nur einige politische Bewegungen in bestimmten Staaten. Die Technik und die Massen bestimmen überall die Lebensbedingungen und beide machen das Wesen des Totalitarismus aus, sind der Gipfel all der gesellschaftlichen Kräfte, die stets die individuelle Persönlichkeit bedroht haben. (Ebd. 18)
So überspitzt formuliert wird die Diagnose ›Totalitarismus‹ zu metaphysisch aufgeplusterter, philosophisch hohler und zu Konservatismus neigenden romantischen Kulturkritik, die Shklar zufolge nichts erklärt. Die attestierte generelle Krise der Neuzeit lehnte Shklar als rein spekulativ und unzureichend begründet ab. Tendenziell bei allen genannten Denkern, aber vor allem bei Heidegger, führe dieser Romantizismus darüber hinaus zu einer völligen Unfähigkeit, eine wahrhaft politische Philosophie zu entwickeln. Romantik sei anti- oder apolitisch. Über Heideggers Konzept des ›Mitseins‹ etwa schrieb Shklar, dass es »nichts mit der tatsächlichen An- oder Abwesenheit anderer zu tun« habe, vielmehr sei es »potentiell eine Gefahr für uns bei unserer Suche nach dem ›Sein‹. […] Hier befinden wir uns am Wesenskern aller existenzialistischen Ethik. Es ist ganz einfach die Vorstellung, dass das Selbst der einzige und höchste Wert ist. […] In keinem Fall ist ›der andere‹ ein absoluter Zweck an sich.« (Ebd. 136) Die Sorge um das Dasein ist Ästhetizismus. Aus einer solchen solipsistischen Ethik lasse sich keine politische Theorie ableiten.
Doch wo Arendt dem schlechten Existenzialismus Heideggers den guten Jaspers’ gegenüberstellte, der darum politisch sei, weil er seiner Philosophie die Kommunikation zum Kernpunkt gemacht habe, sah Shklar zwischen beiden nur einen graduellen Unterschied. Auch Jaspers sei ein Romantiker der Niederlage, der lieber eine große metaphysische Enttäuschung formulierte, als konkret werden zu wollen, lieber von der »›metaphysischen Schuld‹« sprach, »die wir einfach dadurch auf uns laden, dass wir am Leben sind« (AU 123), als sich den wirklichen Opfern zuzuwenden und ihre Perspektive einzunehmen. Was Jaspers betraf, so sah er zwar, anders als Heidegger, das Selbst in Verbindung mit anderen Selbsten – aber immer nur im gleichermaßen ästhetizistischen Verhältnis von »Ausnahme-Existenz« zu »Masse« (ebd. 133).
Liberale sehen nur die Gefahren von Machtmissbrauch. Dass der Staat sich nicht in die Gesellschaft einmischen soll, ist eine Idee von einer ganz anderen Größenordnung als die, dass es die erste Pflicht einer Person sei, ihre eigene, einzigartige Persönlichkeit zu entwickeln. Mehrheitsherrschaft und Minderheitenrechte sind die beiden zentralen Themen liberalen Denkens; das einzigartige Individuum und seine Feinde, die Massen, brauchen nie in seine Überlegungen einzugehen. Romantiker haben der Gesellschaft nichts als ihre Verachtung zu bieten. Der Liberalismus aber versucht die Beziehung zwischen Einzelnem, Staat und Gesellschaft sowie zwischen letzteren beiden durch das Gesetz zu regulieren. (Ebd. 231 f.)
In Shklars Analyse lassen sich die Kontraste zwischen Liberalismus und Romantizismus – Gleichheit gegen Ausnahmeexistenz, Staatsgewalt gegen Konvention, persönliche Freiheit gegen einzigartige Individualität – auf eine reduzieren: die von Mehrheit als politisch und Masse als ästhetisch beurteilter Größe. Damit fällt etwa das Geniepathos eines John Stuart Mill aus dem Schema des Liberalismus heraus. nimmt Shklar Arendt in den Blick.
IV.
Gerade die Rede von der »Masse«, war es, die Shklar auch Arendt, zumindest der Tendenz nach, unter die romantischen Defätisten zählen ließ. Arendts Analyse des »Mob« in Elemente und Ursprünge totaler Herrschaft kritisierte Shklar heftig und meinte in ihr dieselbe romantische Ablehnung des »Man« wiederzuerkennen, die Heidegger in Sein und Zeit formuliert hatte. Was dem Romantiker des neunzehnten Jahrhunderts der Philister, sei dem des zwanzigsten die Masse:
Für sie […] hat die Unmöglichkeit, an das Proletariat zu glauben, zu einer Sichtweise geführt, die die Mehrheit der Menschen in ein Leben vernunftloser Wildheit verbannt, die nur einige künstliche Einhegungen, wie etwa Klassenschranken, kontrollieren können. Mit dem Ende marxistischer Sicherheiten ist die Gesellschaft fremd, irrational und unbeherrschbar geworden, und eine neue Form des ›unglücklichen Bewusstseins‹ ist entstanden, das wieder einmal glaubt, die Welt könne nicht erlöst werden. (Ebd. 162)
Die Überzeugung, aus dem »Gefühl einer kulturellen Katastrophe« (ebd. viii) die Geschichte des Westens als Ganze verwerfen zu müssen, fand sie bei »Jaspers’ Jüngerin« nicht minder als bei diesem oder gar Heidegger selbst, und zitierte die letzten Seiten der amerikanischen Erstausgabe von Elemente und Ursprünge des Totalitarismus:
Die Folge dieser Enttäuschung sei eine Abwendung von konkreter Politik, hin zu einer existenzialistisch verbrämten Idee von politischen Akteuren als romantischen Genies. Heldentum und Irrationalismus würden zu Kategorien der Politik, die, ganz wie die Verachtung der »Masse«, keinen Sinn für die Perspektive der Opfer besitze. Aber schlimmer noch als sie zu ignorieren sei es, dass »Opfertum heute zu einer metaphysische Kategorie geworden ist« (ebd. 112). Die wirklichen Opfer blieben dabei aber auf der Strecke, weil sie für den Status des heroischen Einzelnen keine Bedeutung besäßen.
Doch so sehr Shklar gegen einen Defätismus in der politischen Philosophie der Nachkriegszeit zu Felde zog, der auf die Erfahrung des ›Totalitarismus‹ mit Ratlosigkeit oder Nostalgie antwortet, gab sie zu, selbst kein positives Gegenmodell anbieten zu können.
Die Autorin teilt den Geist der Zeit insofern, als sie weder willens noch fähig ist, eine neue politische Theorie zu schaffen. Es ist eine Tatsache, dass es nahezu unmöglich ist, fast daran zu glauben, die Kraft der menschlichen Vernunft, die sich in politischem Handeln ausdrückt, könne fähig sein, ihre Ziele zu erreichen. […] Dass eine angemessenere Erklärung anzubieten in diesem Moment unmöglich ist, mag die unangenehme Schlussfolgerung sein, die sich aus dieser Analyse ergibt. (Ebd. ix f.)
Wenn der tiefe Pessimismus, was die Zukunft politischer Theorie betrifft, von Arendt und Shklar offensichtlich geteilt wurde – für beide gibt es »kein messianisches Zeitalter, keine klassenlose Gesellschaft, kein Paradies nach dem Tode« – besteht die große Differenz für sie darin, wie mit dieser Skepsis umzugehen ist. Shklar nimmt eine skeptische und postfundamentalistische Haltung ein, die dennoch den Glauben an das Projekt der Aufklärung, seinen Liberalismus, »seinen Humanitarismus und seinen tiefen Sinn für Gerechtigkeit« (ebd. 11) nicht völlig aufgegeben hat, auch wenn sie in diesem Zeitpunkt höchstens die Möglichkeit sieht, es negativ, seine Abweichungen korrigierend weiter zu verfolgen. Arendt wendet sich Shklar zufolge dagegen vollkommen von der Neuzeit ab und »dem einzigen Zeitalter [zu], das sie wirklich bewundert: der intellektuellen Epoche, die mit Platon beginnt und mit Augustinus endet.« (AuM 976)
V.
In einer 1963 erschienen Rezension zu Arendts Essaysammlung Between Past and Future (1961), der erweiterten englischen Fassung von Fragwürdige Traditionsbestände im politischen Denken der Gegenwart, stellt Shklar diese Doppelposition besonders deutlich heraus. Neben dem »scharfsinnigen Interesse an den Philosophen der klassischen Antike« gebe Arendt »einer starken Abneigung gegen die heutige Zeit und alles, was zu ihr beigetragen hat« Ausdruck. »Der Kontrast zwischen Antike und Moderne« halte die Essays zusammen, was »ihnen eine einfache Struktur gibt: Je heller der Glanz der Antike, desto dunkler die Schatten der Moderne« (ebd. 976). Dabei bestehe immer die Gefahr, dass die kenntnisreiche Interpretation der Antike der »Verurteilung der Gegenwart« (ebd. 981) untergeordnet zu werden drohe. Shklar insinuiert hier eine rhetorische Taktik, die begriffsgeschichtlichen Analysen darauf abzustellen, »das grundlegend Neue dieses [modernen] Zustands aufzuzeigen, und im Besonderen die ›Einzigartigkeit‹ seines Inbegriffs, des Totalitarismus« (ebd.).
*Hannes Bajohr studierte Philosophie an der Humboldt-Universität zu Berlin und schließt derzeit eine Promotion zu Hans Blumenbergs Sprachtheorie an der Columbia University, New York ab. Er ist Autor von Dimensionen der Öffentlichkeit: Politik und Erkenntnis bei Hannah Arendt (Berlin: Lukas 2011) und ist Übersetzer und Herausgeber von Judith Shklars Liberalismus der Furcht, Ganz normale Laster und Liberalismus der Rechte (alle Berlin: Matthes und Seitz 2013, 2014, 2016). Zuletzt erschien „Die Einheit der Welt. Hannah Arendt und Hans Blumenberg über die Anthropologie der Metapher“, in: WestEnd 2/2015.
1 Seyla Benhabib, »Judith Shklars dystopischer Liberalismus«, in: Judith N. Shklar, Der Liberalismus der Furcht. Mit einem Vorwort von Axel Honneth und Essays von Seyla Benhabib, Michael Walzer und Bernard Williams. Herausgegeben, aus dem Amerikanischen übersetzt und mit einem Nachwort versehen von Hannes Bajohr. Berlin: Matthes & Seitz 2013, 67–86, hier: 85.
2 Vgl. ebd.; Axel Honneth, »Flucht in die Peripherie«, in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie, 56/6, 2008, 982–986 und ders., »Vorwort«, in: Shklar, Liberalismus der Furcht, 7–25; Seyla Benhabib, »Remembering Dita Alone with the Trees in Harvard Yard«, in: Memorial Tributes to Judith Nisse Shklar, 1928–1992. A Service in Memory of Judith Nisse Shklar. Cambridge, Mass.: Harvard 1992, 27–31; Andreas Hess, The Political Theory of Judith N. Shklar. Exile from Exile. New York: Palgrave Macmillan, 2014 und Hannes Bajohr, »Judith N. Shklar, 1928–1992. Eine werkbiografische Skizze«, in: Judith N. Shklar, Ganz normale Laster. Aus dem Amerikanischen übersetzt von Hannes Bajohr. Berlin: Matthes & Seitz 2014, 277–319.
3 Vgl. Hannes Bajohr, »Exil im Denken. Andreas Hess’ Einführung in Leben und Werk Judith Shklars«, in: Jahrbuch Politisches Denken 2014, 263–268.
4 Etwa bei Benjamin R. Barber, Rezension von American Citizenship von Judith N. Shklar, in: Political Theory 21/1, 1993, 146–153, hier: 147; Corey Robin, »Liberalism at Bay, Conservatism at Play. Fear in the Contemporary Imagination«, in: Social Research 74/4, 2004, 927–962 hier: 931. Ebenso in der Gegenüberstellung bei Andreas Hess, Gesellschaftspolitisches Denken in den USA. Eine Einführung. Wiesbaden: Springer 2013, Kap. 4 und 5; Dana R. Villa, »Totalitarianism, Modernity, and the Tradition«, in: ders., Philosophy, Politics, Terror. Essays on the Thought of Hannah Arendt. Princeton: Princeton University Press 1999, 180–203.
5 Dana Villa, »Totalitarianism, Modernity, and the Tradition«, 200. – Hier und im Folgenden sind alle Übersetzungen englischsprachiger Quellen von mir.
6 Hannah Arendt, Über das Böse. Eine Vorlesung zu Fragen der Ethik. Aus dem Nachlaß herausgegeben von Jerome Kohn. Übersetzt aus dem Englischen von Ursula Ludz. Mit einem Nachwort von Franziska Augstein. München: Piper 2006, 12.
7 Dana Villa, »Totalitarianism, Modernity, and the Tradition«, 201; ähnlich Katrina Forrester, »Hope and Memory in the Thought of Judith Shklar«, in: Modern Intellectual History 8/13, 2011, 591–620, hier: 617.
8 Ebd., 202.
9 Vgl. Hannes Bajohr, Dimensionen der Öffentlichkeit. Politik und Erkenntnis bei Hannah Arendt, Berlin: Lukas 2011, 32-35.
10 Hannah Arendt, The Eggs Speak Up, in: dies., Essays in Understanding 1930–1954. Formation, Exile, and Totalitarianism. Ed. by Jerome Kohn, New York: Schocken 1994, 270–284, hier: 271.
11 Ebd., 271–272.
12 Das gleiche ließe sich von Arendts methodischem Hinweis zur Literatur als heuristisch wichtigster Quelle zum Verständnis des Bösen sagen: »Wir könnten ein bißchen besser dran sein, wenn wir uns erlaubten, die Literatur heranzuziehen, also Shakespeare, Melville oder Dostojewksi, bei denen wir die großen Schurken finden. Aus sie mögen nicht in der Lage sein, uns Genaues über das Wesen des Bösen zu erzählen, aber wenigstens weichen sie ihm nicht aus.« Ebd., 44; Parallelstellen wären etwa Shklar, Ganz normale Laster, 7 und 251–255.
13 Hannah Arendt, Über das Böse, 42.
14 Judith N. Shklar, Ganz normale Laster, 55, 118.
15 Vor allem dann nicht, wenn man Shklars Spätwerk heranzieht, vgl. Benhabib, »Shklars dystopischer Liberalismus«.
16 Judith N. Shklar, »Antike und Moderne«, in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie 56/6, 2008, 976–981 (Erstveröffentlichung ohne Titel in History and Theory 2/3, 1963, 286–292); dies., »Hannah Arendt’s Triumph«, in: New Republic 26/173, 1975, 8–10; dies., »Rethinking the Past«, in: dies., Political Thought and Political Thinkers. Hg. v. Stanley Hoffmann. Chicago: University of Chicago Press 1998, 353–361 (Erstveröffentlichung in Social Research 44/1 1977, 80–90); dies., »Hannah Arendt as Pariah«, in: Political Thought and Political Thinkers, 362–375 (Erstveröffentlichung in Partisan Review 50/1 1983, 64–77); dies., Rezension von Lectures on Kant’s Political Philosophy von Hannah Arendt, in: Bulletin of the Hegel Society of Great Britain 5/1, 1984, 42–44. – Eine Edition und deutsche Übersetzung dieser Texte unter dem Titel Über Hannah Arendt ist in Planung.
17 Vgl. etwa Samuel Moyn, »Judith Shklar über die Philosophie des Völkerstrafrechts«, in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie 62/4, 2014, 683–707; Kamila Stullerova, »Rethinking Human Rights,« in: International Politics 50/5, 2013, 686–705; Tiphaine Dickson, »Shklar’s Legalism and the Liberal Paradox«, in: Constellations 22/2, 2015, 188–198. – Shklar machte ihr Legalism, trotz des zeitgleichen Erscheinungsdatums, selbst noch nachträglich zu einer Arendt-Korrektur, vgl. Shklar, »Hannah Arendt as Pariah«, 372.
18 Diese Korrektur hat Andreas Hess am besten untersucht: Andreas Hess, The Political Theory of Judith N. Shklar, 135–145 und ders., »›The Social‹ and ›The Political‹. A Comparison of the Writings of Judith N. Shklar and Hannah Arendt on America«, in: Atlantic Studies 2/2, 2005, 219–233.
19 Hannah Arendt, »Fernsehgespräch mit Günter Gaus«, in: dies., Ich will verstehen. Selbstauskünfte zu Leben und Werk. Mit einer vollständigen Bibliographie. Herausgegeben von Ursula Ludz, München: Piper 32007, 9–25, hier 46.
20 Judith N. Shklar, »A Life of Learning«, in: Bernard Yack (Hrsg.), Liberalism without Illusions. Essays on Liberal Theory and the Political Vision of Judith N. Shklar. Chicago: University of Chicago Press 1996, 263–280, hier: 267.
21 Judith N. Shklar, Rezension von The Future of Mankind von Karl Jaspers, in: Political Science Quarterly 76/3, 1961, 437–439.
22 Hannah Arendt, Elemente und Ursprünge, 944.
23 Vgl. Burkhardt Liebsch/Hannes Bajohr, »Geschichte, Negativismus und Skepsis als Herausforderungen politischer Theorie: Judith N. Shklar«, in: Deutsche Zeitschrift für Philosophie 62/4, 2014, 633–659, hier:
24 Später schrieb sie, er sei von ihrem Verlag gewählt worden, vgl. Shklar, »A Life of Learning«, 274.
25 Judith N. Shklar, »The Political Theory of Utopia. From Melancholy to Nostalgia«, in: Political Thought and Political Thinkers, 161–174, hier: 172.
26 Dies., Fate and Futility. Two Themes in Contemporary Political Theory, Dissertation. Radcliffe College 1955.
27 Im Folgen verwende ich Siglen für die zentralen hier behandelten Texte Shklars: Judith N. Shklar, After Utopia. The Decline of Political Faith. Princeton: Princeton University Press 1957 (=AU); dies., »Antike und Moderne« (=AuM); dies., »Rethinking the Past« (=RP).
28 Siehe auch Judith N. Shklar, Freedom and Independence. A Study of the Political Ideas of Hegel’s ›Phenomenology of Mind‹. Cambridge: Cambridge University Press 1976.
29 George Kateb, »Foreword,« in: Judith Shklar, Political Thought and Political Thinkers, vii–xix, hier xiv.
30 Von diesem Vorwurf nimmt Shklar Heidegger interessanterweise aus: »Der ganze romantische Geist von Heideggers Philosophie ist apolitisch und damit weit entfernt vom Leben eines totalitären Staates oder einer solchen Partei.« AU 148.
31 Hannah Arendt, Was ist Existenz-Philosophie? Frankfurt am Main: Hain 1990, 37.
32 Ebd., 28.
33 Judith N. Shklar, »Rights in the Liberal Tradition«, in: The Bill of Rights and the Liberal Tradition. Ed. by Timothy Fuller. Colorado Springs: Colorado College 1992, 26–39, hier: 28.
34 Shklar zitiert hier die später veränderte Erstausgabe von Hannah Arendt, Origins of Totalitarianism. New York: Harcourt Brace 1951, 330–331. Dieser Passus fehlt in der deutschen Übersetzung.
35 Vgl. Judith N. Shklar, Ganz normale Laster, Kap. 3. – Peter Baehr, der zuletzt Arendts Konzept der Massen untersucht hat, stimmt Shklar im Wesentlichen bei, wenn er über Arendt schreibt:»Ihre Theorie der Massen war poetisch und reich an menschlichem Pathos. Sie war auch tentdenziös, anmaßend und historisch falsch.« Peter Baehr, »The ›Masses‹ in Hannah Arendt's Theory of Totalitarianism«, in: The Good Society, 16/2, 2007, 12-18.
36 »Le Bons irrationale Massen sind die Nachfolger der Klassen. Totalitäre Regimes institutionalisieren, erhalten und spiegeln das Massenleben wieder, auf dem ihre Macht basiert. Der Staat ist immer Ausdruck von Klasse, Masse oder Existenz. Das ist auch im Wesentlichen Hannah Arendts Ansicht, außer, dass sie den Nationalstaat für ebenso wichtig dafür hält, die Gesellschaft abzuhalten, sich in eine amorphe Masse zu verwandeln.« AU 161.
37 Shklar zitiert aus den »Concluding Remarks« der Erstausgabe, die in der deutschen Übersetzung fehlen; sie finden sich in: Hannah Arendt, »Abschließende Bemerkungen«, in: dies., Über den Totalitarismus. Texte Hannah Arendts aus den Jahren 1951 und 1953. Aus dem Englischen übertragen von Ursula Ludz. Kommentar von Ingeborg Nordmann. Dresden: Hannah-Arendt-Institut für Totalitarismusforschung 1998, S. 25.
38 Judith N. Shklar, Über Ungerechtigkeit. Erkundungen zu einem moralischen Gefühl. Aus dem Amerikanischen von Christiane Goldmann. Berlin: Rotbuch 1992; Shklar, Ganz normale Laster, 23–32.
39 Diese Argumentationsfigur ist immer noch verbreitet, vgl. Slavoj Žižek, Gewalt. Sechs abseitige Reflexionen. Aus dem Englischen von Andreas Leopold Hofbauer. Hamburg: Laika 2011.
40 Vgl. Burkhardt Liebsch/ Hannes Bajohr, »Geschichte, Negativität und Skepsis«.
41 Axel Honneth, »Die Historizität von Furcht und Verletzung. Sozialdemokratische Züge im Denken von Judith Shklar«, in: ders., Vivisektionen eines Zeitalters. Porträts zur Ideengeschichte des 20. Jahrhunderts. Berlin: Suhrkamp 2014, 248–262, hier: 252.
42 Hannah Arendt, »Tradition und die Neuzeit«, in: dies., Zwischen Vergangenheit und Zukunft. Übungen im politischen Denken I. Herausgegeben von Ursula Ludz, München: Piper 1994, 23–53, hier: 35.
43 Judith N. Shklar, »Obligation, Loyalty, Exile«, in Political Thought and Political Thinkers, 39.
44 Vgl. Hannes Bajohr, »›Am Leben zu sein heißt Furcht zu haben‹. Judith Shklars negative Anthropologie des Liberalismus«, in: Shklar, Liberalismus der Furcht, 131–168, hier: 144–148. Für den Begriff des Postfundamentalismus, vgl. Oliver Marchard, Das unmögliche Objekt. Eine postfundamentalistische Theorie der Gesellschaft. Berlin: Suhrkamp 2013, 15–66.
45 Katrina Forrester, »Hope and Memory«, 617.
46 Hannah Arendt, Concern with Politics in Recent European Philosophical Thought, in: dies., Essays in Understanding, S. 428–447, dies., »Was ist Existenz-Philosophie?«.
47 Vor allem in Hannah Arendt, Rahel Varnhagen. Lebensgeschichte einer deutschen Jüdin aus der Romantik, München: Piper 1987, aber auch in kleineren Arbeiten, die in
48 »Ich bin eindeutig denen beigetreten, die jetzt schon einige Zeit versuchen, die Metaphysik und die Philosophie mit allen ihren Kategorien, wie wir sie seit ihren Anfängen in Griechenland bis auf den heutigen Tag kenne, zu demontieren.« Hannah Arendt, Vom Leben des Geistes. Das Denken, München: Piper 1979, S. 207. Was es aber heißt, dass Arendt »gegen das metaphysische Verständnis des Politischen« denkt, wie Ernst Vollrath schrieb (»Politik und Metaphysik. Zum politischen Denken Hannah Arendts«, in: Zeitschrift für Politik, 18/3, 1971, S. 205–232, hier S. 206), macht die Gruppe derer klar, denen sie »beigetreten« ist: Überwindung der Metaphysik ist das Projekt Jaspers’ und Heideggers – Denker, die für Shklar eher eine neue Metaphysik aufgebaut hatten als ihr die Grundlage zu entziehen. Insofern ist Arendt nicht postmetaphysisch in der Weise, die für Shklar akzeptabel wäre.
49 Vgl. Hannah Arendt, Vita activa oder vom tätigen Leben, München: Piper 32005, S. 98
50 Dass Nietzsche bei der genaueren Formulierung dieser Kategorien eine Rolle spielen muss, wird daran deutlich, wie unterschiedlich Shklar und Arendt zu einer Aussage stehen wie dieser: »Was eigentlich gegen das Leiden empört, ist nicht das Leiden an sich, sondern das Sinnlose des Leidens«. Friedrich Nietzsche, Zur Genealogie der Moral. Kritische Gesamtausgabe, herausgegeben von Giorgio Colli und Mazzino Montinari, Band VI.2 Berlin: de Gruyter 1972, S. 320.
51 Judith N. Shklar, »Hannah Arendt as Pariah«. Vgl. dazu: Leon Botstein, »The Jew as Pariah: Hannah Arendt’s Political Philosophy«, in: Dialectical Anthropology 8/1-2, 1983, 47–73 hier: 48–49.
52 Vgl. Andrew Sabl, »History and Reality. Idealist pathologies and ›Harvard School‹ Remedies«, in: Jonathan Floyd und Marc Stears (Hrsg.), Political Philosophy versus History. Contextualism in Real Politics and Contemporary Political Thought. Cambridge: Cambridge University Press 2011, 151–176.
53 Hannah Arendt, Brief an Karl Jaspers vom 6. August 1955, in: Hannah Arendt/Karl Jaspers, Briefwechsel 1926–1969. München: Piper 1985, 301.
54 Judith Shklar, »Hannah Arendt’s Triumph«, 9.
55 Hannah Arendt, »Was ist Autorität?«, in: dies., Zwischen Vergangenheit und Zukunft, 159–200, hier: 160.
56 Axel Honneth, »Flucht in die Peripherie«, 985.
57 Ebd.
58 Arendts enger Freund Hans Jonas hatte sie um einen Beitrag gebeten, und außer ihnen waren nur Sheldon Wolin und Hans Morgenthau unter den Vortragenden der Gedenkfeier, die an der New School of Social Research stattfand. Die Reden erschienen in Social Research 44/1, 1977. Es ist erstaunlich, dass Jonas ausgerechnet Shklar ansprach, die aus ihrer Ambivalenz Arendt gegenüber keinen Hehl machte, allerdings könnte es sein, dass ihn Shklars respektvoller in der New Republic veröffentlichter Nachruf zu dieser Wahl bewogen hatte, vgl. Shklar, »Hannah Arendt’s Triumph«.
59 Friedrich Nietzsche, Vom Nutzen und Nachtheil der Historie für das Leben. Kritische Gesamtausgabe, Band III.1. Berlin: de Gruyter 1972, 265.
60 Vgl. ihre Replik auf Eric Voeglins Kritik an Elemente und Ursprünge, wo sie ihre Skepsis am sina ire et studio begründet, weil solche Historiografie immer in Richtung Erhaltung tendiere, wobei Historiker im Falle des Totalitarismus »die Geschichte eines Gegenstandes schreiben mußten, den sie nicht konservieren wollten; sie mußten in zerstörerischer Weise schreiben, und das Geschichte-Schreiben für Zwecke der Destruktion ist in gewissem Sinne ein Widerspruch in sich.« Hannah Arendt, Eine Antwort, in: dies., Über den Totalitarismus, 42–51, hier: 43. Umgekehrt hat Arendts Tendenz zur Überhöhung des Gegebenen hat bei Historikern vom Fach zu mitunter gereizten Reaktionen geführt, für die metonymisch Eric Hobsbawms Ausruf stehen mag, es gebe »praktisch keinen Punkt, an dem Hannah Arendts Darstellung [...] die wirklichen historischen Phänomene berührt, die sie zu beschreiben vorgibt.« Eric J. Hobsbawm, »Hannah Arendt über die Revolution«, in: Adelbert Reif (Hg.), Hannah Arendt. Materialien zu ihrem Werk. Wien: Europa-Verlag 1979, 263–271, hier: 270.
61 Judith N. Shklar, American Citizenship. The Quest for Inclusion. Cambridge: Harvard University Press 1991.
62 Hannah Arendt, Über die Revolution. München: Piper 1986, 227.
63 Vgl. Judith N. Shklar, Der Liberalismus der Rechte. Herausgegeben von Hannes Bajohr. Berlin: Matthes und Seitz, 2016; Bajohr, »Am Leben zu sein heißt Furcht zu haben«.