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Ausgabe 1, Band 3 – Mai 2007

„Arme Hannah“

Peer Steinbrück kann gut vorlesen – obwohl er seinen Hang zur Klamotte noch bezwingen sollte, wenn er in dem Fach vorankommen will. Am Montag füllte der Finanzminister die Aula des Hertie School of Governance im alten DDR-Staatsratsgebäude am Berliner Schlossplatz, als er mit Karin Hempel-Soos, der Leiterin des Bonner Hauses der Sprache und Literatur, aus dem Briefwechsel von Hannah Arendt und Martin Heidegger las. Man muss diese Liebesgeschichte nicht als neue Variante der uralten Posse „Berühmter alter Sack betrügt grässliche Ehefrau mit unschuldigem jungen Talent“ verstehen. Aber man kann sie so auffassen, und die beiden Interpreten taten es zur Gaudi des Publikums. Die Studenten, sagte Dekan Michael Zürn, könnten aus diesem Briefwechsel etwas über die „Tiefen und Untiefen“ des Lebens lernen. Das Leben gewinne letztlich gegenüber dem Werk immer die Oberhand.

 

FAZ 29. August 2007, S. 7